Kraft und Zuversicht aus der Geschichte schöpfen
Filmabend der SPD-AG 60plus beleuchtet stolze Parteihistorie
Der SPD-Ortsverein zeigte sich einmal mehr geschichtsbewusst. Nach der beeindruckenden Feier des 160-jährigen Parteijubiläums im vergangenen Mai mit einem Festvortrag von Professor Gert Weisskirchen und einem Liederabend mit Uli Valnion lud jetzt die Arbeitsgemeinschaft 60plus zu einem Filmabend ein. Im gut besetzten Georg-Bickel-Haus kündigte 60plus-Sprecher Herbert Bangert den Film „Wenn Du was verändern willst“ an, der anlässlich des 150-jährigen Geburtstags entstanden war. Zunächst aber hielt er Rückblick auf die beeindruckende Mahnwache für Demokratie und gegen rechts und dankte dem Initiator Sven Olthoff, dem es gelungen war, in kurzer Vorlaufzeit neben den drei im Gemeinderat vertretenen Parteien CDU, Grüne und SPD und den Kirchen einige weitere Unterstützer zu gewinnen. Der Einsatz für Demokratie sei auch das Kernanliegen des „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ gewesen, das am 22. Februar gegründet und 1933 von den Nazis verboten wurde. Auch in Laudenbach sei eine Ortsgruppe am 8.11.24 gegründet worden und sicherlich habe eine Zusammenarbeit mit der SPD bestanden. Leider sei dazu aber nichts dokumentiert, bedauerte Bangert.
Der Film sah in seinen historischen Sequenzen immer wieder Wortmeldungen prominenter Sozialdemokraten vor, die die jeweiligen Geschehnisse einordneten. Helmut Schmidt, Hans-Jochen Vogel, Egon Bahr, Franz Müntefering, Frank-Walter Steinmeier, Erhard Eppler, Peer Steinbrück, Martin Schulz, Renate Schmidt, Wolfgang Thierse und Gerhard Schröder beleuchteten u. a. die unterschiedlichen Zeitepochen und die jeweiligen prägenden Persönlichkeiten und unterstrichen die Bedeutung der Parteimitglieder, die die Sozialdemokratie durch alle Zeiten getragen hätten. Erinnert wurde an die Anfänge der Industrialisierung, begleitet von Armut und Ausbeutung und die hieraus resultierenden Anfänge der Arbeiterbildungsvereine. Die Geburt der Sozialdemokratie markierte die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins durch Ferdinand Lasalle am 23.Mai 1863. 1869 gründeten August Bebel und Wilhelm Liebknecht die Sozialdemokratische Arbeiterpartei. 1875 fand in Gotha der Vereinigungsparteitag statt, nur ein Jahr später wurde die Parteizeitung „Vorwärts“ gegründet. Zwei Attentate auf Kaiser Wilhelm I. lieferten Reichskanzler Bismarck den Vorwand, 1878 das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ zu erlassen, das zwölf Jahre in Kraft blieb. Trotz Verfolgung und Unterdrückung wurde die SPD bei den Reichstagswahlen 1890 stärkste Partei.
Das vom Parteitag in Erfurt 1891 beschlossene Programm führte Theorie und reformerische Praxis zusammen. Nachdem die Partei 1913 die Grenze von 1 Mio. Mitglieder überschritten hatte stand mit dem Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914 die Abstimmung zur Bewilligung der Kriegskredite an und auch die SPD-Fraktion bekannte sich zur Landesverteidigung. Im Krieg spaltete sich die Partei. Nach der Kapitulation rief Philipp Scheidemann die „Deutsche Republik“ aus und nach der Abdankung von Kaiser Wilhelm II. stellte sich die Sozialdemokratie mit Friedrich Ebert an die Spitze des Kampfes um Demokratie. 1918 wurde das Frauenwahlrecht eingeführt. Marie Juchacz, Frauensekretärin und Gründerin der Arbeiterwohlfahrt, sprach als erste Frau im Parlament. Auf dem Parteitag in Görlitz 1921 erklärte sich die SPD zur demokratischen Staatspartei und ein Jahr später konnte die Spaltung der Partei überwunden werden. Im Heidelberger Programm wurde 1925 das Ziel der „Vereinigten Staaten von Europa“ formuliert. Nach den letzten Jahren der Weimarer Republik mit Weltwirtschaftskrise und Notverordnungen wurde die Demokratie von den reaktionäre Kräften ruiniert und der Siegeszug der Nazis war nicht mehr aufzuhalten, die dann am 30. Januar 1933 ihr Ziel erreichten, als Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde. Bei der Abstimmung des „Ermächtigungsgesetzes“ am 23. März 1933 ging SPD-Chef Otto Wels mit dem legendären Satz „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht“ in die Geschichte ein, ehe die SPD-Fraktion als einzige Partei gegen das Gesetz stimmte. Es folgten Parteiverbot, Verfolgung und Widerstand und schließlich ein grauenhafter Weltkrieg mit 63 Mio. Toten, 30 Mio. Verwundeten und einem beispiellosen Massenmord an Juden.
Die Jahre des Wiederaufbaus wurden geprägt von Kurt Schumacher, der in besonderer Weise Glaubwürdigkeit verkörperte. Der Parlamentarische Rat entwarf unter erheblichem Einfluss von Carlo Schmid das Grundgesetz als neue Wertordnung und Antwort auf die Nazizeit. Elisabeth Selbert zählte zu den Frauen, die die Gleichberechtigung im Grundgesetz verankerten. 1949 entstand auch der Deutsche Gewerkschaftsbund als Bündelung der Kräfte. Das Godesberger Programm untermauerte den Anspruch, mit reformerischem Auftrag und gemäßigter Praxis Volkspartei zu werden. Die 60er Jahre waren geprägt von Mauerbau, außerparlamentarischer Opposition, großer Koalition und schließlich Machtwechsel 1969. Der neue Bundeskanzler Willy Brandt wollte „mehr Demokratie wagen“ und wurde zur Symbolfigur eines modernen, aufgeschlossenen Deutschland. Seine Regierungszeit bleibt untrennbar verbunden mit seiner Ostpolitik unter dem Leitgedanken „Wandel durch Annäherung“ und dem Streben nach Versöhnung und Frieden, für das der Kniefall von Warschau und die Verleihung des Friedensnobelpreises stehen. Helmut Schmidt hatte in seiner Kanzlerschaft zwischen 1974 und 1982 schwere Krisen zu bewältigen und er verschaffte sich in der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik weltweit hohes Ansehen. Der Euphorie nach Mauerfall und Wiedervereinigung, auch der West- und Ost-SPD, 1989/90 folgten Jahre der Stagnation und diese bereiteten den Boden für die Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder, der 1998 eine rot-grüne Koalition an- und Deutschland aus der Verkrustung herausführte. Seine Kanzlerschaft bleibt innenpolitisch verbunden mit der Agenda 2010 und außenpolitisch insbesondere mit der Weigerung, sich beim Irakkrieg der „Koalition der Willigen“ anzuschließen. Nach 16 Jahren mit Kanzlerin Angela Merkel, darunter mehrere „große Koalitionen“, gelang es Olaf Scholz 2021 eine Koalition mit Grünen und Liberalen zu schmieden, führte Bangert aus, der die letzten zehn Jahre Revue passieren ließ und der Koalition bescheinigte, trotz Krisenzeiten bereits einen erheblichen Teil des Koalitionsvertrags umgesetzt zu haben. „Unsere Regierung und unser Kanzler sind weit besser als ihr Ruf und ihre Umfragewerte“ konstatierte Bangert und stieß damit eine engagierte Diskussion an.