Großes Interesse an der Vorabbesichtigung der SPD-AG 60plus
Naziarchitektur im Kircheninnenraum beseitigt
Das Interesse in der Bürgerschaft an dem Ergebnis der Neugestaltung des Innenraums der alten Dorfkirche ist groß. So nutzten viele das Angebot der Arbeitsgemeinschaft 60plus im SPD-Ortsverein, Kirche und benachbartes Gemeindezentrum noch vor der Einweihung am 2. April in Augenschein zu nehmen und sich über die Hintergründe der Kirchenneugestaltung zu informieren. Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft, Herbert Bangert, freute sich über die zahlreichen Interessierten, unter ihnen auch die Ortsvereinsvorsitzende Vanessa Bausch und Fraktionssprecherin Ulrike Schweizer und führte aus, dass nur wenige Baumaßnahmen in den letzten Jahrzehnten in der Bürgerschaft so umstritten gewesen seien, wie der Bau des Gemeindezentrums an diesem Standort und der Umbau des Kircheninneren, das jetzt einen völlig neuen Charakter habe. Pfarrerin Birgit Risch habe das mit der Aussage „Jetzt ist es sehr evangelisch bei uns“ beschrieben. Es sei die Intention der Verantwortlichen gewesen, die vom Geist der Nazis geprägte Architektur, die bei der Sanierung 1936 Einzug hielt und besonders durch den damaligen Pfarrer Erwin Schenk geprägt wurde, wieder zu beseitigen. Intensive Diskussionen habe es auch um den Erhalt des so genannten „Heldengedenkfensters“ gegeben.
Für ihn habe der Vorschlag zur Besichtigung auch im Zusammenhang mit dem Thema „90 Jahre nach der Machtergreifung“ und damit der Pflege der Erinnerungskultur gestanden. Die zwölf Jahre der Nazidiktatur seien in Laudenbach weitgehend unerforscht. Die in dieser Zeit vorgenommene Erweiterung und Sanierung der Kirche sei dagegen gut dokumentiert und Teil der Geschichte des Nationalsozialismus in Laudenbach. Die damalige Umgestaltung sei verursacht worden durch den Neubau der katholischen Kirche und das damit verbundene Ende des seit 1653 andauernden Simultaneums. Bei der Umgestaltung habe Pfarrer Erwin Schenk, der am 2.11.1933 nach Laudenbach kam und Bezirksleiter der „Deutschen Christen“ im Gau Baden war, die Ideen dieser Organisation konsequent umgesetzt. Die „Deutschen Christen“ hatten in Laudenbach sehr guten Zulauf. Man zählte annähernd 200 Mitglieder und weitere rund 300 Sympathisanten. Als die Einweihung am 13.9.1936 erfolgte, wehte die Hakenkreuzfahne vom Kirchenturm und im Zuge der Umgestaltung entstand auch eine „Ehrenhalle“ mit einem Fenster mit der Darstellung von Hitler und Hindenburg unter Bezug auf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler , die für die „Deutschen Christen“ eine „Erlösung“ war. Das Fenster sei 1946 ausgebaut und ersetzt worden. Schenk selbst sei 1942 zur Wehrmacht eingezogen worden. Er kehrte 1945 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück und wurde wenige Monate später aus dem Kirchendienst entfernt und vorzeitig pensioniert. Er starb 1964 in Heidelberg, führte Bangert aus.
Der Vorsitzende des Kirchengemeinderates, Dr. Rainer Dick, beleuchtete zunächst die Entstehungsgeschichte der „alten“ Inneneinrichtung durch die in der Nazizeit die Kirchengemeinde dominierenden „Deutschen Christen“, die eine häretische, rassistische, antisemitische und am Führerprinzip orientierte Strömung im deutschen Protestantismus mit dem Ziel einer Angleichung an den Nationalsozialismus gewesen sei. Jener Glaube hatte nichts mehr mit dem eigentlichen Protestantismus zu tun und erhob Adolf Hitler als nahezu gleichrangig mit Gott, eine Sicht, die sich für einen Christen verbietet. Diesen Geist aus der Kirche zu beseitigen, habe den Umbau der Innenausstattung der Kirche notwendig gemacht. Wenn man jetzt davon spreche, der Umbau habe die Kirche wieder evangelisch gemacht, so gelte es die Bedeutung des Begriffs in den Mittelpunkt zu stellen. Nach evangelischem Verständnis werde der Gottesdienst unter Beteiligung der ganzen Gemeinde gefeiert. Hierzu passten weder trennende Balustraden noch ein deutlich erhöhter Altarbereich. Deshalb habe man diesen niedriger gesetzt und der Chorraum so gestaltet, dass man sich darin versammeln könne. Die Prinzipalstücke Altar, Lesepult und Taufbecken seien beweglich. Das Ersetzen der vorderen Kirchenbänke durch Stühle biete der Gemeinde die Möglichkeit, Gottesdienste und Veranstaltungen flexibler zu gestalten.
Man habe auch den Spruch über dem Chor „Eine feste Burg ist unser Gott“, der einem Kirchenlied vom Martin Luther entstamme, verändert. Das Lied sei in seiner Geschichte auch als Kampflied missbraucht worden und sei schließlich von den Nazis vereinnahmt worden. So sei es Teil des „SA-Liederbuchs“ und des „Hitler-Liederbuchs der nationalen Revolution“ und weiteren NSDAP-Liederbüchern gewesen. Deshalb habe man sich nach intensiver Diskussion entschlossen, den Spruch durch einen Satz aus dem Johannesevangelium „Jesus Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt“ zu ersetzen. Diese Worte sollen noch durch eine Lichtinstallation unterstrichen werden, die derzeit aber wegen fehlender Mittel noch nicht realisiert werden könne. Dr. Dick erläuterte auch die bestehenden Glasfenster, die man gesäubert und aufgearbeitet habe. Besonders umstritten sei das Fenster mit den Todesdaten der im Ersten Weltkrieg gefallenen Laudenbacher Bürger, deren Namen für die Ziele der Nazis instrumentalisiert wurden. Man habe sich nach intensiven Überlegungen entschlossen, das Fenster zu belassen und mit einem Vorfenster mit dem fünften Gebot „Du sollst nicht töten“ zu versehen, wobei man damit nicht die Gefallenen verurteilen wolle, die ihren Kriegsdienst in dem Bewusstsein geleistet hätten, ihrem Vaterland zu dienen, so Dick abschließend.
Im Anschluss führte Dick noch durch die neuen Räumlichkeiten des Gemeindezentrums, in dem zwischenzeitlich wieder die bestehenden Gruppen tätig sein könnten und zum Abschluss fand man sich noch im Georg-Bickel-Haus zu einer Nachbetrachtung ein, in der Vergangenheitsbewältigung versucht wurde, aber auch die Sorge um die Zukunft von Kirche und Kirchengemeinde deutlich wurde. Für das zentrale Ziel, die mit den Baumaßnahmen aufgerissenen Gräben wieder zuzuschütten, die Gemeinde zu einen und zu befrieden, galten dem Vorsitzenden des Kirchengemeinderates, dem Bangert mit einem Weinpräsent dankte, die besten Wünsche